chance7 - Lebensräume UND BIOTOPE

Vielfalt zwischen dem Siebengebirge und der Sieg

Die geologischen Ausgangsbedingungen, Bodenentwicklung, Klima und natürlich die Nutzung durch den Menschen haben in den Naturräumen der Region eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume entstehen lassen. Viele davon sind nach der Fauna-Flora-Habitat- (FFH) Richtlinie der Europäischen Union geschützt, weitere auch nach nationalen Kriterien schützenswert. Da ihre Verteilung auf die Kerngebiete stark variiert, möchten wir die wichtigsten Lebensraumtypen nachfolgend auch kerngebietsbezogen vorstellen.

Kerngebiet Siebengebirge

Das Kerngebiet Siebengebirge wird durch seine ausgedehnten Waldbereiche bestimmt. Die wertvollsten Wälder sind Buchenwälder in verschiedenen Aus­prä­gungen aber auch wärmebegünstigte südexponierte Hangpartien mit Eichenwäldern sowie Schlucht- und Blockschuttwälder. Durchzogen ist das ganze Gebiet von zahlreichen naturnahen Waldbächen.
Offenland findet sich im Siebengebirge meist in den Randbereichen. Die wertvollsten Flächen finden sich dabei an den Rheinhängen. Diese zum Mittelrheintal zählenden Gebiete sind ehemals und stellenweise auch heute noch vom Weinanbau geprägt. Sie stellen einen für bundes- und landesweit einmaligen Lebensraum mit vielen seltenen Arten dar, die nur hier vorkommen. Dazu zählen z.B Zippammer, Mauereidechse und Steppengrashüpfer. Einige aufgegebene Steinbrüche wie die Wolkenburg oder der Stenzelberg stellen für diese Arten ebenfalls ein wichtiges Refugium dar. Ziel von chance7 ist es diese Lebensräume zu erhalten und zu vergrößern.

Das Pleiser Hügelland zeigt eine seit Jahrhunderten besiedelte und vom Menschen genutzte Kulturlandschaft. Aufgrund der Nähe zu den Ballungsräumen ist das Gebiet auch heute beliebter Siedlungsraum mit teilweise zentralörtlicher Funktion, aber auch vielen Dörfern und Weilern. Die Landwirtschaft wird auf hohem Niveau betrieben, Ackerbau, Sonderkulturen und Baumschulbetriebe prägen größere Landstriche. In der struktur- und abwechslungsreichen Landschaft bleiben demzufolge ökologisch wertvolle Biotope auf wenige Bereiche beschränkt. Hierzu zählen insbesondere die naturnah bewaldeten Hangflächen und Kerbtäler, die sich von den Hochflächen zum Pleis- und Hanfbach hin ziehen. Zumeist handelt es sich dabei um Eichen-Hainbuchen-Wälder sowie kleinflächige Mischwälder, in den Siefen um galerieartige Erlen- und Feuchtwälder.

Das Grünland wird überwiegend intensiv bewirtschaftet, lediglich in einigen Abschnitten der Bachauen findet man Reste von Feucht- und Nasswiesen. Von großer Bedeutung sind die zahlreichen Obstwiesen und -weiden, die Landschaft und Ortsrandlagen prägen. Sie beherbergen eine Vielzahl historischer Obstsorten und stellen damit einen wichtigen Baustein für die Erhaltung der Biodiversität im Projektgebiet dar.
Sonderbiotope bilden ehemalige Abbaubereiche wie Steinbrüche und Tongruben, sie sind Refugien für ansonsten in der Landschaft verschwundene Pflanzen- und Tierarten.

Die ehemals weitläufigen offenen Landschaften und Heidegebiete dieses Kerngebietes stellen sich heute im südlichen Teil überwiegend als aufgeforstete Bereiche dar. Auf den staufeuchten Böden dominieren nach den Windwürfen der 1990er Jahre Eichen-Aufforstungen. Ansonsten prägen Nadelholzbestände und Mischwälder die Landschaft.
Die Basaltkuppe des Dachsbergs überragt nur geringfügig die Hochfläche. In der ehemaligen Steinbruchsohle ist ein Stillgewässer entstanden. Stellenweise findet sich noch ein Mosaik aus Pfeifengraswiesen, Feuchtheiden und Borstgrasrasen als Relikte der ehemals weitläufigen Heideflächen.
Ein weiterer Teilbereich des Kerngebietes mit aktuell hohem Naturschutzwert die Naturschutzgebiete des Segelflugplatzes Eudenbach und der Komper Heide dar. Hier finden sich noch großflächigere Heideflächen und feuchtes, mageres Grünland.

Nördlich der Komper Heide fällt das Gelände allmählich zum Hanfbachtal hin ab, der Übergang hierhin ist fließend. Basaltkuppen wie der Eudenberg und der Eulenberg flankieren dort das Hanfbachtal. Diese aufgegebenen Steinbrüche sind sehr artenreich und von mageren, trocken-warmen Biotopen geprägt.
Die Bachtäler werden teilweise extensiv genutzt, dort findet man noch vereinzelt artenreiche Feucht- und Nasswiesen, Hochstaudenfluren und naturnahe Bachläufe.

Das Krabachtal ist ein typisches Mittelgebirgstal mit Hangwäldern aus Eichen und Buchen das nahezu durchgehend von Talwiesen durchzogen wird. Stellenweise finden sich noch artenreiche Feuchtwiesen und Hochstaudenfluren. Der Laubholzanteil in den Wäldern ist relativ hoch. Die Bachläufe sind vielerorts noch recht naturbelassen, wenn auch von der Aue oftmals entkoppelt und stellenweise durch meist stillgelegte alte Fischteichanlagen beeinträchtigt.

Die in den Quellregion der Zuflüsse zum Krabachtal gelegenen Höhenorte sind recht beschaulich. Hier finden sich auch noch zahlreiche Streuobstwiesen.

Die Leuscheid ist ein annähernd 3000 ha großes Waldgebiet, das sich je zur Hälfte auf einen rheinland-pfälzischen und einen nordrhein-westfälischen Gebietsteil, das Kerngebiet Leuscheid, erstreckt. Die Wälder in diesem Kerngebiet weisen einen hohen Laubholzanteil auf, im wesentlichen Hainsimsen-Buchenwälder, aber auch Eichen-Hainbuchenwälder und Eichenwälder auf unterschiedlichen Standorten sowie die bedeutenden Erlen-Eschen-Auenwälder im Bereich "Wohmbach und Zuflüsse".

In den großflächigen Fichtenforsten des Naturschutzgebietes nutzt der Landesbetrieb Wald und Holz die Bestände bereits seit geraumer Zeit mit der Zielperspektive Laubholz. Auf den oft staufeuchten Böden stocken daneben Eichen-Buchenwälder, kleinflächig auch fragmentarische Birkenbruchwälder und torfmoosreiche Erlenbruchwälder. In mehreren Abschnitten wurde in den vergangenen Jahren im Südosten ein etwa 4 ha großer ehemaliger Feuchtheidebereich wieder freigestellt, dessen erste Initialstadien u. a. mit Glockenheide, Igel-Segge, Schmalblättrigem Wollgras und Preiselbeere das Potenzial der Hochfläche belegen.

Die Leuscheid ist stark zerklüftet und fällt steil zur Sieg hin ab. Dementsprechend verlaufen die Bäche in ausgeprägten Kerbtälern und sind oft stark eingetieft. Grünlandnutzung blieb weitgehend auf die Auen und Talflanken der Unterläufe von Wohm-, Kessel- und Mühlenbach beschränkt. Hier findet sich auch heute noch ein interessantes Mosaik aus Hochstaudenfluren, artenreichen Feucht- und Nasswiesen der Bachauen, unmittelbar angrenzenden Frisch- und Magerwiesen der Talflanken und Hecken und Gebüschen.

Am Westrand außerhalb des zusammenhängenden Waldgebietes befindet sich die östlichste Basaltkuppe des Projektgebietes, der ehemalige Basaltsteinbruch bei Eitorf-Stein, dessen Flanken überwiegend naturnah bewaldet sind, wodurch die zahlreichen Fels- und Geröllbiotope gut abgeschirmt werden.

Die Vegetation des Kerngebietes "Bläulingswiesen im Siegtal" ist sehr heterogen. Entsprechend der besonderen faunistischen Zielsetzung in diesem Kerngebiet wurden im wesentlichen Wiesen und Weiden im Bereich der Sieg und des Siegvorlandes berücksichtigt, die zumindest in Teilbereichen geeignete Standortbedingungen für den großen Wiesenknopf wie auch die Wirtsameisen der Ameisen-Bläulinge bieten. Aktuell sind diese Bedingungen vielerorts auf Randstrukturen wie Deiche und Grabenränder reduziert.

Eine Sondersituation nimmt die ehemalige Siegschleife bei Dreisel ein. Sie ist vollständig verlandet und wird von kleinen Bächen und Gräben durchzogen. Im Südwesten und Osten herrscht Offenland vor; im Süden und Westen sind größere Laub- und Nadelwaldanteile im Bereich des ehemaligen Flusslaufes und an den Talflanken vorhanden. Dabei handelt es sich zum einen um überwiegend jüngere Erstaufforstungen auf Grünlandstandorten. Daneben sind in der alten Siegschleife auch Erlenbruch- und Erlenauwald- Fragmente (ehemalige Niederwälder) und kleinere Eichen-Buchenwälder anzutreffen. An den Hängen stocken Hainsimsen-Buchenwälder, Misch- und Nadelwälder unterschiedlichen Alters.

Das Offenland mit seinen wechselfeuchten und nassen Standorten wird von einem Mosaik ökologisch interessanter Grünlandgesellschaften eingenommen, u. a. mit Waldbinsen-, Waldsimsen- und Sumpfdotterblumenwiesen, Mädesüß-Hochstaudenfluren, Pfeifengraswiesen, wechselfeuchten Glatthaferwiesen, feuchten Weidelgras-Weißkleeweiden, Sumpfseggenrieden und ausgedehnten Rispenseggenrieden mit zahlreichen seltenen Pflanzenarten. Das Grünland ist durch verschiedene Gebüschgruppen reich strukturiert.

Das Kerngebiet Pützchen-Kohlkaul liegt in Bonn und wird durch die Offenlandbereiche der Naturschutzgebiete „Kohlkaul“, „Siebengebirge“ und „Weiers Wiesen“ charakterisiert. Trotz der direkten Nähe zu eng besiedelten Gebieten findet sich hier noch ein Mosaik aus artenreichen Wiesen, Weiden, orchideenreichen Nasswiesen und strukturreichen Feuchtbrachen sowie breiten feuchten und mageren Säumen sind die wertgebenden Komponenten.
Bundesweit seltene und gefährdete Pflanzen wie Breitblättriges Knabenkraut, Färber-Scharte und Geflecktes Knabenkraut sowie seltene Pflanzenformationen wie Pfeifengras- und Wiesenknopf-Silgen-Wiesen kommen hier vor. Auch der Wiesenknopf-Ameisenbläuling, eine gefährdete Schmetterlingsart, kommen hier noch vor.
Die Feuchtwälder des Kohlkauls fungieren mit ihrem reichhaltigen Angebot an Alt- und Totholz als Rückzugsräume und Trittsteine für seltene Pflanzenarten im städtischen Raum. So findet sich hier der besonders seltene Königsfarn.

Das Kerngebiet Siebengebirge-Ennert liegt überwiegend in Bonn und stellt das Nordende des Siebengebirges dar.
Die wärmebegünstigten Rheintalhänge stellen hier für einige Pflanzenarten die nördlichsten Wuchsorte im Rheinland oder in ganz Deutschland dar. Auf engem Raum bieten sie Raum für das Vorkommen von seltenen Pflanzen wie Wimpern-Perlgras, Speierling und Zweiblättrigem Blaustern als auch seltenen Pflanzengesellschaften wie Feldbeifuß, der Wimpern-Perlgras-Flur und dem Waldlabkraut-Eichen-Hainbuchenwald.
Der Holtorfer Bach und der Ankerbach besitzen fast durchgängig naturnahe Gewässerstrukturen mit Mäandern, Quelltümpeln, Kolken, Ufergehölzen, Abbruchkanten, Flachufern, Steinen und Holz im Gewässerbett.